Tagebuch

30 März 2007

Reise nach Angkor Wat (Kambodscha)

Heute sollte es also losgehen. Reise nach Angkor Wat. DER Sehenswuerdigkeit Suedostasiens, von der uns so viele andere Backpacker bereits vorschwaermten und es nach ganz oben auf ihre persoenliche Topliste waehlten. Eine ganze Stadt aus Tempeln, verschlungen vom Dschungel. Angkor Wat - Die Vergessene Stadt.

11 Uhr mittags sollte der Bus nach Siem Riep starten. Genug Zeit fuer letzte Vorbereitungen. Nachdem Reike also Mails gecheckt und mit viel Freude die neuen Eintraege im Gaestebuch beantwortet hatte und gedanklich bereits die Fruehstueckskarte rauf und runter fruehstueckte, ging er zur Hotelrezeption, um die Busplaetze zu reservieren. Noch anderthalb Stunden. Zum Fruehstueck gabs Rindergemuesepfanne auf Reis. Ein letzter Uhrenvergleich Hoteluhr/Armbanduhr. Oh Schreck. Die Armbanduhr war noch nicht auf Kambodscha geeicht. Der Bus wuerde in 30 Minuten vor dem Hotel warten. Die entscheidende Frage: wuerde das noch zum Essen reichen? Der Koch meint "ja".

Nagut. Reike also schnell nach oben aufs Zimmer, Anne die juengsten Neuigkeiten von der mehr als baldigen Abreise uebermittelt und wieder im Laufschritt zurueck an den Tisch. Anne, die nicht hungrig war, packte die Rucksaecke. Der Koch kam aus der Kueche, was Reike und seinen Bauch entzueckte, doch leider mit der Nachricht, dass aus dem Essen doch nichts wuerde und der Bus statt dessen schon vor der Hoteltuer wartete. Aha! Einer dieser Tage. Anne kam Gott sei Dank bereits die Treppe hinunter. Und los gings.


TukTukfahrer im Jagdfieber

Die Busfahrt nach Siem Riep war kurz und schmerzlos. Ganz im Gegensatz zu unserer Begruessung vor Ort. Das Empfangskommittee bildete eine Schar von rund 50 Tuk-Tuk-Fahrer, deren bunte Tuk Tuks ringsum eine Arena formend aufstellten. Passagiere waren die Beute, Einzelnd aus dem Bus entlassen. Die Menge auftragshungriger Fahrer ueberstieg bei Weitem die zur Ausgeglichenheit noetige Anzahl zahlungskraeftiger Kunden. Und dummerweise waren wir die letzten, die aus dem Bus stiegen. Arschkarte!

Rund 30 asiatische Maenner sahen nun in uns die letzte Chance am heutigen Tage auf ein lukratives Geschaeft und ein Gewitter sich ueberschlagender einander uebertoenender Angebote Marktschreiermanier stuerzte ueber uns ein. "Where you go, where you go?"-s gegen "My friend, where you stay?"-s. Hochgehaltene Pappschilder mit Hotelnamen gegen "My friend, I talked to you first!", jeder gegen jeden und alle um uns. Scheinbar gegen uns. 30 Paar Haende schoben, drueckten, zerrten uns in alle Himmelsrichtungen und erschwerten es immens, die Rucksaecke im Ladebereich des Busses zu erreichen. Schon machte einer der TukTukfahrer Anstalten, mit Annes Rucksack zu seinem TukTuk zu verschwinden, als waere unser Zuschlag bereits erfolgt. Ein zweiter Fahrer - inspiriert durch den ersten - folgte dessen Beispiel und schnappte sich Reikes Rucksack.

Reike schien zu solchen Scherzen nicht in der Stimmung, hetzte hinterher und entriss beiden die Rucksaecke entgegen deren Proteste. Die Luft war bereits zum Zerschneiden und wurde dick wie Griessbrei, als die nach wie vor ununterbrochen schreiende Meute von TukTukfahrern uns beide daran hindern wollte, die Rucksaecke aufzusetzen. Von der ersten Sekunde an wurde nicht ein Zentimeter Hoeflichkeitsabstand zu uns gelassen. Und wenn auch Sprueche wie "Hey Sir, I saw you first, ok? You come with ME, ok?" unter anderen Umstaenden witzig erschienen waeren. Das permanente Geschrei, das Gedraenge und das Zerren an unseren Armen und Schultern, an unserer Kleidung und an unseren Rucksaecken war erdrueckend. Und bedrohlich zugleich. Und Reikes Stimmung war kurz vor Maehdreschermodus. Unsere hoeflichen aber bestimmten Aufforderungen abzulassen und zurueckzutreten wurden vehement ignoriert. Auch erste Warnungen ueberhoert. Der Lautstaerkepegel der immer aggressiver werdenden Fahrdienstofferten machte es uns beiden unmoeglich, irgendwelche Absprachen zu treffen, um dem Tumuld ein Ende setzen zu koennen. Und als Anne - mittlerweile am Arm blutend - in Traenen ausbrach und laut aufschrie, und auch dies keinen der Fahrer zum Einhalten bewegte, schaufelte uns Reike einen Kreis frei.


Quartiersuche

Die Situation drohte auszuarten. Und das spuerten nun auch die im Schnitt einmetersechzig grossen Kambodschaner. Das Geschrei wollte nicht nachlassen. Aber zumindest wurde nun ein gewisser Abstand zu uns eingehalten. Um die laehmende Wirkung des Augenblicks zu nutzen, schnappte Reike sich Anne und verfrachtete alles ins naechstbeste TukTuk, dessen Fahrer eine For-Free-Fahrt zustimmte (Den Fahrern bleibt noch immer die Hotelprovision).

Den Busbahnhof hinter uns lassend, sank unser Adrenalinspiegel nur langsam. Und die bescheuerte Frage des sich staendig umdrehenden und dabei die Spur verlierenden Fahrers "Are you ok?" trug nicht wirklich zur Enspannung bei. Nach gut 15 minuetiger Fahrt dann ahnte dieser die Tiefe unseres Grummels (Anne heute immernoch) hielt auf dem Seitenstreifen und begann, sich fuer das Verhalten seiner Kollegen zu entschuldigen. Dabei sprach er so, als haette ER als einziger die ganze Zeit abseits gestanden. Fuer diese Frechheit rueckte Anne ihn dann fachmaennisch zurueck, worauf der kopfgewaschene nun erstmals einsichtig einlenkte und sich auch fuer sein persoenliches Fehlverhalten zu entschuldigen versuchte. Er erklaerte uns dabei auch, dass die TukTukfahrer Siem Rieps die Fahrt ihrer Gaeste zum Hotel generell nutzten, sich fuer die mehrtaegigen Ausfluege nach Angkor Wat, die standardmaessig tags darauf folgten, als Fahrer zu empfehlen. Und dass diese, fuer lokale Verhaeltnisse aeusserst gut bezahlten Fahrauftraege dermassen beliebt waren, dass der Kampf um jeden Gast zu Ausmassen wie gerade erlebt fuehrten.

Auf Grund der mageren Begruendung nahmen wir die Entschuldigung nicht an, liessen uns aber zum Hotel unserer Wahl bringen und gestanden dem TukTukfahrer sogar ein Treffen am naechsten Morgen zu, um dann das Angebot seiner Fahrerdienste zu besprechen.


Ankunft im Hotel. Aufatmen

Das Hotel unserer Wahl war ein grosszuegig angelegter Komplex aus mehrzimmrigen, nett anmutenden Haeusern, einem grossen Restaurant, mit angeinem Tuempel mit angrenzender Bungalowreihe und den Mannschaftsquartieren. Wir entschieden uns fuer einen der kleinen Bungalows mit Bad und AirCon fuer 9 US$ die Nacht.

Das Bad war gemessen an der baulichen Ausstattung und selbst fuer asiatische Verhaeltnisse mistig. Die Schichtmanagerin stimmte sofort einer erneuten Reinigung zu. Es fiel uns nicht leicht, dass dieses Bad jemals einen Besen gesehen hatte, da es aussah, als wenn gerade ganz Hansa Rostock nach einem Laenderspiel darin geduscht haette. Die Erklaerung lieferte die emsig herbei eilende Putzkraft (wie sich spaeter herausstellte aus Hilfskoch und Hausmeister), die mit einem total zerfletterten Reisigbesen barfuess den nassen Steinboden aufkehrte. Dankeschoen.

Auch die AirCon (Klimaanlage; ohne waren es immerhin 2US$ weniger) vermochte nicht zu halten, was man sich von ihr versprach. Bei genauerer Betrachtung sah man, dass Waende und Dachmatten tatsaechlich nichts als duenne Bambusmatten waren. Das ist, wie Klimaanlage im Auto mit Fenster auf - ein mieses Duo. Natuerlich waren diese Details aber Lapalien im Vergleich zu dem, was der Tag sonst bisher zu bieten hatte. Und so entschlossen wir uns, enspannt zu abendbroten und uns mit Hilfe des Lonely Planet einen Ueberblick der schoensten und wichtigsten Teile der Tempelanlage von Angkor zu verschaffen.

Die oberste Restaurantetage wickelte sich L-foermig um das Spitzdach des Haupthauses. Es gewaehrte an seiner Stirnseite durch eine flache Luke Einblick in den Dachstuhl. Dies war das erste Dormitory (oder kurz Dorm=Mehrbettzimmer), dass wir beide auf unserer Reise sahen und welches mit seinen knapp 1m60 unter dem Dachfuerst und den rund ein Dutzend Matratzen zu beiden Seiten des schmalen Ganges nur 1 US$ pro Nacht und Nase kostete. Dafuer gabs dann ein Shared Bathroom, keine Tuer, kein Bettgestell und keinen Schrank. Aber immerhin einen Ventilator pro Matratze und reichlich Stauwaerme, um diesen zu rechtfertigen.

Wir fanden das super interessant und fragten uns, ob auch wir auf unserer Reise mal in einem Dorm uebernachten wuerden, wie man den Mangel an Privatssphaere verkraften wuerde, Vor- und Nachteile des Alleinereisens und wie es im Dorm wohl um die Sicherheit um Wertsachen und Reisepapieren stuende. Diese Gedanken im Hinterkopf und bereits voller Freude auf Angkor Wat fielen wir in unser Bungalowbett und hatten unter dem Mosquitonetz einen zufriedenen , wenn auch durch gelegentliche Sauerstoffmaengel unterbrochenen Schlaf.

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